
Die Runde auf der Terrasse der Orthodoxen Schwestern beschreibt einen besonderen Aspekt unserer Arbeit: Wir treten als ein Ökumenisches Team auf, nicht nur mit dem Mandat des Weltkirchenrates in Genf, sondern mit den unterschiedlichen Erfahrungen und mit der weit gefächerten Spiritualität unserer Heimatkirchen, die wir hier einbringen.
Wir haben Pfarrerinnen und Pfarrer unter uns, engagierte Laien, Leute, die eine aufgeklärte und säkularisierte moderne Gesellschaft vertreten und andere, die wieder auf der Suche nach mehr Spiritualität sind. Wir haben auch Leute aus hinduistischer Tradition unter uns und solche, die sich über aller Religiosität sehen und für die das, was sie hier in der „Heiligen Stadt“ beobachten, ein Anachronismus ist. Alle sind jedoch an der Überlebensfrage Israels und Palästinas engagiert, aber auch an der Frage, wie groß der Anteil der Religionen am Konflikt oder an der Lösung des Konfliktes ist. Wenn wir als große Gruppe von 20 Freiwilligen aus 7 Ländern zusammen sind, stehen immer Gruppen zusammen, die sich gegenseitig dazu befragen oder diskutieren: Wie ist das mit politischen Aussagen in deiner Kirche? Warum brauchen einige Kirchen das Zölibat? Wie sieht das Friedensengagement in deiner Kirche aus? Und die Deutschen werden dann immer gefragt: Warum stehen eure Kirchen in der öffentlichen Diskussion so einseitig auf Seiten Israels? Manchmal werden wir heftig und reden laut, manchmal lachen wir. Aber immer gehen wir bereichert aus der Diskussion, weil wir gelernt haben, dass wir mit den Traditionen der Anderen auch andere und neue politische und spirituelle Erfahrungen kennen und schätzen lernen.

Die Runde auf der Terrasse der Schwestern von Bethanien wiederholt sich an anderen Orten. Und ich bin ganz sicher, dass ich mich auch selber besser verstehen werde, wenn meine Gruppe zum Beispiel vor einer Synagoge steht und von einem Juden gefragt wird: Was ist das – „Ökumene“? Das ist Bartek aus Krakau, sage ich dann. Sein Großvater war evangelisch, in der Kirche Augsburgischen Bekenntnisses; sein Vater ist Katholik und Bartek sucht hier in dem Friedensprogramm eine engagierte Kirche, die seinem modernen Weltbild entspricht. Oder Paul aus England sagt: Das ist Gottfried aus Berlin, sein Missionswerk unterstützt die Palästinensische Lutherische Kirche hier im Land; aus seiner Kirche kommen auch junge Freiwillige für ein Jahr nach Israel, die zum Beispiel z.B. Holocaust-Überlebende in Altersheimen pflegen. Aber seine Kirche kommt aus dem deutschen Dilemma nicht heraus, in jedem Fall lieber politisch korrekt zu reden, als zum Skandal der andauernden Besatzung. Und Pandora aus Südafrika lacht und sagt: Das ist Paul mit dem Namen eines Bengalen, sein Vater ist als Hindu nach England gekommen und seine Kinder könnten Juden werden, wenn er hier die richtige Frau trifft. Und dann lachen doch alle mit Pandora, oder? Das ist Ökumene in Jerusalem.
Gottfried Kraatz, Freiwilliger
und Valentina Maggiulli, Koordinatorin
bei den Frauen in Schwarz
Freitag, 8. Juni 2007
anlässlich der Woche des
Gedenkens an 40 Jahre
Okkupation Palästinas
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