Das Fenster ist weit offen, es ist Sommer. Hinter mir sind die Schüler laut und ausgelassen. Es ist der letzte Ferientag, aber aus Jerusalem ist eine Gruppe mit Musikinstrumenten, Spielzeug und guter Laune gekommen. Sie spielen mit den Kindern und die spielen begeistert mit.
Das Fenster ist weit offen. Wir sind in der Schule. Am gegenüberlegenden Hang sind keine Schafherden zu sehen, wie früher an Sommertagen. Überhaupt ist niemand dort auf diesem Hang, jetzt nicht und auch nicht zu anderen Zeiten. Es ist die Sicherheitszone einer nicht
Das Fenster ist weit offen. Leer liegt der Hang in der Sommerhitze. Und es gab Tage und Wochen, in denen auch das Schulgebäude leer war. Die Fenster hatten die Bauern, als sie ihr Dorf verlassen mussten, offen gelassen. Das war im Oktober 2002. Der Lehrer hatte seine
(Nachzulesen bei: Living with Settlers, Interviews with Yanoun Villagers, von Thomas Mandal)
Das Schulgebäude war leer. Das Dorf war leer. Die Fenster standen weit offen, damit das Glas nicht von Steinen zerschmettert würde – falls eine Chance bestehen würde, eines Tages zurück zu kommen…
Das Dorf will leben
Heute sind fast 6 Jahre vergangen. Die Dorfbewohner sind zurückgekommen, weil engagierte Israelis sich für sie eingesetzt und die Geschichte in Zeitungen bekannt gemacht und vor den Behörden verhandelt haben. Weil Freiwillige aus Europa und Nordamerika mit ihnen zurückgekommen sind und seitdem Tag und Nacht im Dorf anwesend sind. Seit 4 Jahren sind das die Freiwilligen vom Ökumenischen Friedensprogramm.
Heute sind wir dabei, während die Kinder spielen: hingebungsvoll oder scheu, die jüngsten auf dem Schoß ihrer Väter, die älteren cool und distanziert. Alle machen mit, die Kinder aus Yanoun, die Helfer aus Jerusalem, die Giraffe an der Wand, die unbeirrt Frieden über Yanoun wünscht.
Alle Kinder kennen uns. Die Zeiten, wo die Kinder ins Haus gerannt sind, wenn sie Fremde im Dorf gesehen haben, sind vorbei. Jetzt wissen sie, wie die Siedler und wie die Freiwilligen aussehen. Sie grüßen uns freundlich, melden uns bei ihren Eltern an, damit wir auf einen Kaffee dableiben. Oder geben dem Esel, auf dem sie reiten, einen extra Schlag, damit er dieses kokette Trippeln beginnt. Ein freches Kerlchen ist immer dabei: Hier in Yanoun ruft er den Freiwilligen, wenn sie durchs Dorf gehen, zu:
„Mustauteneen!“. Beim ersten Mal hatte er Erfolg: Die Freiwilligen haben sofort ihre Handys genommen, hektisch gewählt und ans Ohr gehalten, haben sich umgedreht, um zu sehen, von wo die Gefahr kam und besorgte Gesichter gemacht. Aber jetzt lachen wir nur noch und freuen uns, dass man über „Mustauteneen“, jüdische Siedler, auch lachen kann.
Die Giraffe
Die Truppe um Ghassan, die aus Jerusalem gekommen ist, lässt die Kinder tanzen, singen und Spiele machen, bei denen die Schnellen oder die Schlauen gewinnen. Aber sie geben auch den Langsamen eine Chance. Die Gesichter der Kinder zeigen alle Gaben, die Menschen brauchen, um die Welt zur Heimat von Liebe und Schönheit und Recht und Vertrauen in den Nachbarn zu machen. Im Hintergrund ist die Wand bemalt, zum Beispiel mit einer Giraffe (von einem Berliner Graffitikünstler), die in einer Sprechblase Frieden für Yanoun ansagt.
Einige Väter sitzen dabei und sind stolz, wenn ihre Kinder einen Punkt machen. Aber die Väter machen auch Tee für die Erwachsenen und haben überhaupt das Ganze organisiert. Die Mütter kochen – das erfahren wir erst später, als die Kinder uns Msakhkhan, Hühnchen auf Brot, mit Olivenöl getränkt, bringen. Es ist ein Tag, der mehr wie die vielen Alltage, die aus Arbeit, Furcht und langsam wachsendem Vertrauen besteht, fröhlich ist. Das Dorf feiert seine Kinder. Am Abend spielen die großen Jungs Fußball, vor der Kulisse des Dorfes, der verbotenen Hänge und der Stallungen der jüdischen Siedler.
Vielleicht ist das Offene Fenster ein gutes Symbol: dass die Schule offen ist für eine Zukunft und für eine Hoffnung, dass diese Kinder ein Leben ohne Besetzung und ohne Siedlerkrieg vor sich haben.
Fotos:
Vielleicht ist das Offene Fenster ein gutes Symbol: dass die Schule offen ist für eine Zukunft und für eine Hoffnung, dass diese Kinder ein Leben ohne Besetzung und ohne Siedlerkrieg vor sich haben.
Fotos:
Spieletag in der Schule
Offnes Fenster mit Blick auf den Hang und die Siedler
Zuschauer
Die Giraffe grüßt
Zuschauer
Die Giraffe grüßt
Vater und Tochter
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